Ausdruck des Terrois? — Espressione del Terroir?

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Das heutige Thema wollte ich schon lange loswerden. Die Verwirrung dazu hatte bei mir nämlich schon sehr früh begonnen. 2008 verkostet ein sehr fähiger Produzentenkollege aus der Toskana, dem Südtiroler Weine ziemlich unbekannt waren (was absolut verzeihbar ist) meine Produkte und sagt dann: „Tolle Weine, sie spiegeln perfekt ihr Terroir wieder.“ Natürlich hat mir dieses Urteil geschmeichelt, eitel bin ich ja, aber je länger ich darüber nachgedacht habe, desto nichtssagender sind diese Worte geworden. Um etwas Struktur in meine Desorientierung zu bringen:

Questo sassolino nella scarpa me lo volevo togliere già da diverso tempo. La confusione nella mia mente a proposito è infatti cominciata molto presto. Nel 2008 un mio collega produttore molto bravo della Toscana, che non conosceva i vini sudtirolesi (che è ovviamente perdonabile) assaggiando i miei vini concluse: „Ottimi vini, riflettono perfettamente il loro terroir.“ Naturalmente questo giudizio inizialmente mi ha lusinghiato in quanto tutti accettano volentieri apprezzamenti, soprattutto se espressi da persone importanti. Più ne ho riflettuto però, più queste parole sono diventate insignificanti. Per fare un po‘ di ordine nel mio chaos:

  1. Hinsichtlich der Definition von Terroir ist man sich inzwischen einig geworden (auch wenn m.E. die menschliche Komponente — da leicht ausstauschbar — nichts damit zu tun hat, aber das ist eine andere Geschichte).
  2. Genauso augenscheinlich ist, dass das Urteil des obgenannten Kosters eigentlich wertlos ist, da er meine Gegend nicht kannte. In Fachkreisen ist diese Terroir-Bezogenheit inzwischen wichtig geworden, so wie ein wertiger Wein nicht mehr fruchtig sondern mineralisch ist. Aber das ist hinsichtlich der Diskussion gar nicht so wichtig. Mehr beunruhigt mich etwas anderes.
  3. Was meint man eigentlich wirklich, wenn man sagt, ein Wein spiegle mehr oder weniger sein Terroir wieder? Was sind die Merkmale, die das bestimmen? Wer der beteiligten Experten besitzt die Deutungsmehrheit? Ist es das, was man früher als gebietstypisch bezeichnet hat?
  4. Wie kann man einen das Terroir widerspiegelnden Wein produzieren? Es liegt nahe zu denken, dass je weniger im Weinbau und im Keller eingegriffen wird, desto mehr müsste das resultierende Produkt dem Terroir Rechnungen tragen. Aber hat sich der Mensch nicht seit jeher gegen die Widrigkeiten, die u.a. auch das Terroir mit sich bringt, gewehrt? Ein paar plakative der zahlreichen Beispiele: Sind die großen Bordeaux-Weine dem Terroir entfremdet, da ihre Moste bis vor kurzem immer gezuckert werden mussten? Verleugnen die Burgunder ihre Herkunft, da sie in kleinen, oft neuen Holzfässern ausgebaut werden, welche den Wein massiv mit Gerbstoff- und Aroma anreichern? War es falsch, in sehr nördlichen Weinbaugebieten mit Hilfe von Botrytis auf ein akzeptables Mostgewicht zu kommen? Und noch was:
  5. Muss das, was heute terroirkennzeichnend gilt, es auch morgen  noch sein, oder sind Weiterentwicklungen, die durchaus auch Angleichungen mit sich bringen können, nicht mehr verpönt? Ich denke nur an die heutigen Lagreinweine. Haben ihre Macher das Terroir verraten, weil sie die Weine heute etwas weicher und zugänglicher herstellen als noch vor zwanzig Jahren, als sie (vielleicht deswegen) kaum einer mochte?
  1. Circa la definizione di terroir nel frattempo ci si è messi più o meno d’accordo (anche se per me la componente umana non centra veramente in quanto facilmente intercambiabile, ma questa è un’altra faccenda).
  2. Ugualmente evidente è il fatto che il giudizio del degustatore in fondo era senza alcun valore, in quanto  non conosceva la mia zona. Per gli enofoli la corrispondenza al terroir nel frattempo è diventata molto importante, così come un vino importante deve essere „minerale“, tempo fa era „fruttato“.
  3. Che cosa si intende veramente quando si dice che un vino rispecchia più o meno il terroir? Cosa sono gli aggettivi che determinano ciò? Chi degli esperti ha la facoltà di deciderlo? È quello che una volta si chiamava tipicità di zona?
  4.  Come si deve lavorare per produrre vini che rispecchino il terroir? Sembra ovvio che meno si interviene in vigna ed in cantina, più il prodotto risultante dovrebbe riprodurre il territorio. Però, l’uomo non si è da sempre contraposto agli aspetti negativi che tra l’altro ogni terroir comporta? Un paio i esempi ostentati: I grandi vini del Bordeaux sono aterritoriali in quanto fino a qualche anno fa i loro mosti avevano sempre bisogno dello zuccheraggio? Negano i borgognotti il loro terroir in quanto utilizzano tante botti piccole che rilasciano nel vino quantità importanti di polifenoli ed aromi? Era sbagliato nei paesi viticoli nordici aspettare la botrite affinché i mosti raggiungessero una gradazione accettabile? E poi ancora:
  5. Quello che oggi caratterizza un terroir dovrà rimanere immutato o un domani si accetteranno anche evoluzioni nei metodi che per forza di cose possono essere anche livellanti (verso l’alto)? Mi viene in mente a proposito il Lagrein. I suoi produttori hanno tradito il loro territorio quando hanno deciso di farlo un po‘ più morbido ed accessibile di come lo hanno fatto vent’anni fa, quando (forse per questo) non lo voleva quasi nessuno?

Fragen über Fragen… Aber ich bin überzeugt, dass ich nicht der einzige bin, der bezüglich dieses Themas mehr Zweifel als Gewissheiten hat.

Domande a non finire… Però sono dell’avviso che non sono l’unico che circa questa tematica ha più dubbi che certezze.

Photo by Armando Rafael Photography

7 Gedanken zu „Ausdruck des Terrois? — Espressione del Terroir?

  1. Es ist mir wichtig klarzustellen, dass für mich der Terroir-Gedanke sehr wichtig ist, dass ich die unterschiedlichen weinbaulichen Bedingungen sehr wohl sehe und diese auch ins Glas bekommen will. Es ist doch bezeichnend, dass ich alle Lagen getrennt ausbaue und auch das Etikett die einzelnen Lagen sehr deutlich zeigt, welche wiederum die Weine benennen.
    Worüber ich aber (noch?) rätsle, wie gesagt, ist die Frage, wie man möglichst räpresentativ dieses Terroir darstellen kann, oder noch weiter zurück: wie schmeckt es?

    Trovo indispensabile precisare che per me il discorso del terroir è molto importante, che comprendo le diverse condizioni perdoclimatiche dei miei vigneti e che voglio portarle nel bicchiere. La rappresentazione grafica dei miei vigneti in etichetta sottolinea questo atteggiamento, inoltre ogni vino porta il nome della zona di produzione.
    Ma quello che, come si legge nel post, non ho capito (ancora?) è come potrò raffrigurare in modo rappresentativo questi territori. Anzi, che odore e sapore hanno?

  2. Hallo Armin
    Auch ich war zusammen mit Andreas Hempel bei der Degu ebensolcher „verbarriquierter“ Weine und teile daher seine Meinung, wobei ich einige Tropfen in dieser Degu fand, die einen guten Holzeinsatz hatten, aber andere waren viel zu hart und tanninig, aber auch zuviel Toast und Vanille.
    Wohl-temperierter Holzeinsatz (genau wie beim wohltemperierten Klavier eines tollen Komponisten!!!) ist etwas Feines und macht an, alles andere ist grausam.
    Gruss Wolfgang

    Ciao Armin
    Anch’io ero presente assieme ad Andreas Hempel alla degustazione di questi vini molto barricati per cui condivido la sua opinione. Comunque ho trovato alcuni campioni dove l’utilizzo del legno era appropriato, altri invece erano troppo duri e tannici, ma poi anche troppo tostati e vanillati. L’impiego del legno ben temperato (così come nel pianoforte ben temperato di un bravissimo compositore!!!) è qualcosa di molto raffinato e che seduce, tutto il resto è crudele.
    Saluti Wolfgang

  3. Mensch – Erde/Rebe – Jahrgang
    Drei Eckpunkte die einen Wein bestimmen. Da Mensch und Jahrgang als Variablen viel durcheinander mischen, bleibt als Stütze wohl die Rebe, die in der Erde wurzelt übrig. Deswegen muss der Wein eigentlich tendenziell untypisch sein.
    Fazit: Typisch könnte das sein, welches trotz der Menschen (Winzer und wandelnden Geschmacks der Weinliebhaber) und des Jahrgangs (Der Himmel schickt´s), der Rebsorte(n) und der Bodenbeschaffenheit näher tritt.

    Uomo – terra/vite – annata
    Tre punti fondamentali che determinano un vino. Poiché gli esseri umani e l’annata sono variabili, rimane essenziale la vite, la quale è ben radicate nel terreno. Pertanto il vino dovrebbe essere tendenzialmente atipico.
    Conclusione: la tipicità può essere ciò, che nonostante l’uomo (produttori e il gusto mutevole dei consumatori) e l’annata (che Dio la mandi bona), che si avvicini all’idea che possiamo farci della varietà (o le varietà) e del terreno che la ospita.

  4. Lieber Armin, ich teile Deine etwas misstrauisch erscheinende Haltung zum weinjournalistischen Modebegriff „Terroir“ (wird bisweilen auch falsch ausgesprochen). Ich möchte nicht so weit gehen wie Julia, die mir neulich sagte: Kannst Du nicht einmal einen Wein ganz normal trinken und ihn genießen ohne von Terroir u.a. zu faseln? Dennoch habe ich neulich bei einer umfangreichen Blindverkostung „verbarriquierter“ Spätburgunger aus Deutschland und Sangiovesi aus der Toskana natürlich den deutlichen Unterschied herausschmecken können, trotz Holz statt Terroir im Vordergrund. Man hätte auch von der Bodenstruktur oder vom Mikroklima sprechen können – aber es waren eindeutig Weine aus Baden-Württemberg und aus der Toskana. Viel wesentlicher war der Holzeinsatz, der die empfindlichen deutschen Spätburgunder zwar in der Nase aufgedonnert hat – aber im Mund war jede sortentypische Vielfalt zerstört. Den Toskanern ist das mit der robusteren Sangiovese weit besser gelungen.
    Will sagen: ich halte die derzeitige Terroirgeilheit für übertrieben – andere Faktoren spielen eine weit größere Rolle.
    Prost! Andreas

    Caro Armin, condivido il tuo atteggiamento, che mi sembra un po‘ diffidente, nei confronti del termine enogiornalistico modaiolo „terroir“ (che poi ogni tanto viene anche pronunciato in modo errato). Non vorrei essere come Julia che ultimamente mi ha detto: Non potresti una volta tanto bere il vino in modo semplicemente normale senza vaneggiare di terroir o altro? Lo stesso ultimamente durante un’ampia degustazione alla cieca di Pinot nero germanici e Sangiovesi toscani barricati ho notato nettamente le differenze, nonostante che il legno dominava sul terroir. Si avrebbe potuto parlare anche di struttura di terreno o di microclima, ma erano chiaramente vini del Baden-Württemberg e della Toscana. Molto più importante era l’impiego del legno che ha esaltato nel naso i sensibili Pinot nero germanici ma ha distrutto in bocca la complessità tipica della varietà. I Sangiovesi più robusti hanno sopportato molto meglio questo trattamento. Voglio dire: ritengo esagerato questa fissazione sul terroir, altri fattori giocano un ruolo molto più importante.
    Prost! Andreas

  5. Sehr gut! Terroir und dann Pkt. 4 mit der künstlichen Aromatisierung über die nie jemand nachdenkt obwohl sie geschmacklich absolut dominant ist. So ähnlich wie die Spontangärung.

    Molto bene! Terroir e poi il punto 4 con l’aromatizzazione artificiale che non viene mai discussa anche se domina nettamente. Così come la fermentazione spontanea.

  6. Belle domande Armin, volendo si potrebbe discutere su ogni singolo aspetto per ore. Volendo semplificare, ma è una semplificazione apparente perché in realtà abbraccia tutto, si potrebbe dire che un vino è di terroir quando assaggiandolo – alla cieca – si riesce a riconoscere il territorio dove viene prodotto. Le caratteristiche possono essere dovute dai terreni, dal clima, dal microclima e anche dallo stile con cui quel vino viene solitamente prodotto in quella zona, che combinati insieme danno una impressione di territorio. Ultimamente sto assaggiando molti vini alla cieca e nei migliori casi, nei vini importanti, si riesce quasi sempre a risalire al territorio. Questo è, secondo me, il terroir.

    Gute Fragen Armin, wenn man möchte, könnte man Stunden über jeden einzelnen Aspekt diskutieren. Wenn man vereinfachen will, was es eigentlich nicht ist, da es schlussendlich alles umfasst, dann ist es ein Terroirwein, wenn bei einer Blindverkostung seine Herkunft erkannt wird. Die Eigenschaften können vom Boden, dem Klima, dem Kleinklima oder auch vom gebietstypischen Ausbau herrühren, was in seinem Zusammenspiel den Eindruck von Terroir ergibt. Letztlich koste ich viele Weine blind und in den besten Fällen, bei den hochwertigen Weinen, gelingt es fast immer, zum Gebiet zurückzufinden. Das ist für mich das Terroir.

    • Rispondo in ritardo, caro Gianpaolo:
      Anch’io, a prima vista, avrei risposto come te. Ma proprio con „dallo stile con cui quel vino viene solitamente prodotto in quella zona“ ho i miei problemi.
      Cosa si fa se viticoltori del posto cambiano stilistica? Senza voler per forza imitare altre regioni? Il loro vino rispecchia ancora ’sto benedetto territorio o no?
      O detto diversamente la tpicità è quello che siamo abituati o quello dove vogliamo arrivare?

      Ich antworte mit Verspätung, lieber Gianpaolo:
      Auch ich hätte früher so geantwortet. Aber gerade mit dem „gebietstypischen Ausbau“ habe ich meine Probleme. Was ist, wenn Weinbauern vor Ort stilistik wechseln? Ohne dabei irgendwelche andere Regionen imitieren zu wollen? Spiegelt ihr Wein noch das dortige Terroir wieder oder nicht? Anders ausgedrückt: Ist Typizität das, was wir gewohnt sind oder das, wohin wir wollen?

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