Wiedersehen auf der Bozner Weinkost

Einzigartiger Verkoster, Einzelgänger-Individualist-Konsulent, Perfectionist’s Perfectionist, Uno dei più grandi fra i wine maker italiani, sind nur einige der Begriffe, mit denen Giorgio Grai in der internationalen Weinszene beschrieben wird. Als ich vor etwas mehr als 15 Jahren in der Weinwirtschaft zu arbeiten begann, war es um ihn schon etwas ruhiger geworden. Aus den Reaktionen meiner erfahreneren Kollegen auf meine Frage hin, was dieser Grai außer eine gutgehende Bar am Bozner Waltherplatz mache und wie gut eigentlich seine Weine seien, habe ich zumeist nur ein Kopfschütteln geerntet. Ich schloss daraus, dass entweder seine Produkte nicht so gut oder zumindest besser als das Gewohnte waren, obwohl er diesen Anspruch erhob, oder dass er eine zumindest kontrovers diskutierte, polarisierende Persönlichkeit ist. Bis heute hatte ich leider noch nie die Gelegenheit, einen seiner Weine zu kosten.

Persönlich kennengelernt habe ich Giorgio Grai 2003, als Koster der Südtiroler Blauburgundertage, wo ihm die anwesenden italienischen Weinjournalisten sehr deutlich ihre Wertschätzung bekundeten und ihn als ihren Mentor und großes Vorbild beschrieben. Mir als Kostorganisator hatte er damals einen großen Schreck eingejagt, als er das Kostsystem zu Beginn der Veranstaltung sehr kritisch hinterfragte und sich anschickte oder zumindest so tat, als ob er auf eine sofortige Änderung in nach seinen Vorstellungen Wert legen würde. Nach ein paar beruhigigenden Worten seiner Eleven konzentrierte er sich aber intensiv und erfolgreich auf die Weine. Mein Schluss war damals, dass Giorgio Grai nicht ungern auf einer Bühne steht.

Ende 2007 wurde u.a. wir beide gebeten, uns an der Selektion der Weine des trentiner Progetto Vino zu beteiligen. Auf den gemeinsamen Autofahrten von Margreid nach Trient und retour lernte ich nicht nur die Fahrkünste dieses ehemaligen Rallyfahrers kennen, sondern er erzählte auch von seiner aktuellen Tätigkeit als négociant-éleveur mit Weinen aus dem Friaul, Elsass, Südtirol und Südfrankreich.

Es waren nicht übermäßig viele Ansichten hinsichtlich der Zukunft der Südtiroler Weinwirtschaft, der hier geeigneten Rebsorten, usw., in denen wir uns einig waren, doch seine Art, die Dinge darzustellen, faszinierte mich. Ein exzellenter Kommunikator, der einen auch auf der Heimfahrt nach 50 oder 60 Proben nie ermüdete! Er ist sehr überzeugt von der Meinung, die er vertritt, und bringt sie bestechend aber nicht arrogant hinüber. Schon wegen seiner feinen, gebildeten Art und dem ausgewählten Wortschatz macht es Spass, diesem liebenswerten Mitteleuropäer alter Prägung auf deutsch, italienisch oder französisch zuzuhören.

Deshalb hat es mich auch sehr gefreut, ihn am Samstag an meinem Tisch, den ich mit Franz Gojer Glögglhof teilte, begrüßen zu dürfen. Hoffentlich war es nicht nur seine Gentleman-Art, die ihn dazu brachte, meinen Weinen Anerkennung zu zollen.

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