Hassliebe

„Oft sind es nur einzelne Beere, welche von der Fäulnis angesteckt werden, oft aber auch halbe und ganze Trauben. Solche unreif gefaulten Beere bleiben sauer, und schaden nicht nur der Güte des Weines, sondern geben ihm auch einen unangenehmen widrigen Geschmack, oder machen ihn gar ungenießbar, wenn viele solche Trauben unter die andre kommen.“
KALB 1810 *

Mit diesem immer noch gültigem Zitat beginnt meine Diplomarbeit, welche ich 1990 an der Universität für Bodenkultur eingereicht habe. Seit der Beschäftigung mit „Die quantitativen Veränderungen von Traubeninhaltsstoffen und die Aktivitätsbestimmung des Enzyms Laccase bei klassifiziertem Botrytisbefall“ kultiviere ich zwangsläufig ein besonderes Verhältnis zu diesem Pilz. Wir wissen, dass je nach Sorte, Befallszeitpunkt, herbstlichem Witterungsverlauf und angestrebtem Weinstil dieser Pilz Segen oder Fluch bedeuten kann.

„Unreif gefaulten Beere“ habe ich bei unserem zuletzt gelesenen Gewürztraminer nicht gefunden. Der im Bild ersichtliche Botrytisbefall hat sich erst in den letzten Tagen danke der feuchten Witterung entwickelt ,weshalb man schon von einer beginnenden Edelfäule sprechen kann. So etwas hatten wir noch nie, ich bin gespannt, wie sich diese etwas botrytisgeprägte Teilmenge auf den Gesamt-Gewürztraminer auswirken wird.

* L.H. Kalb: Der Weinbau nach theoretischen und praktischen Kenntnissen. Verlag Erhardische Buchhandlung, Stuttgart 1810.